Zehn mal Zähne – Geschichten rund um den Zahn
Und der Haifisch der hat Zähne … und erst dieser Saurier. Zähne zeigen, in der Evolution immer eine furchteinflössende Geste, die alle verstehen, ob Mensch oder Tier. In den folgenden Zeilen bringen wir Ihnen Geschichten um die Zähne etwas näher.
Das Geheimnis des Einhorn
Der lange, gedrehte Stoßzahn des Narwals ist ein Eckzahn, genauso wie beim Walross; der Stoßzahn des Elephanten dagegen ist ein Schneidezahn. Das wahrscheinlich größte Exemplar befindet sich im Deutschen Ledermuseum in Offenbach am Main. Während die Länge normalerweise um 2m beträgt, bringt es dieser Zahn auf 2,74m. Der Narwalzahn wurde im Mittelalter und der frühen Neuzeit für das Horn eines Einhorns gehalten.
Amalgam, Gold oder Wachs – Zahnfüllungen früher
Einen Zahn mit Amalgam zu füllen, ist keine Erfindung unserer Tage. Schon 659 nach Christus schrieb der Chinese Su Kung über eine Zahnfüllung aus „silbernem Teig“. Das Rezept geriet aber wieder in Vergessenheit. Aus Goldfolien stellte der italienische Arzt Giovanni d’Arcoli bereits 1484 Zahnfüllungen her. Diese hochkarätigen Füllstoffe konnten sich aber nur Reiche leisten. Ärmere Menschen mussten sich im Mittelalter mit Wachsklumpen oder mit Füllungen aus Mastix zufrieden geben. Mastix ist das Harz einer Pistazien-Art. Der Strauch trägt schwarze Beeren und sondert ein bernsteinfarbenes Sekret ab.
Die 1. Zahnbürste kam aus China
Vor rund 600 Jahren erfinden die Chinesen die ersten Zahnbürsten: sie haben die Form eines Pinsels. Bereits im 16. Jahrhundert benutzen die Chinesen Bürsten in der heutigen Form. In Europa dauert es dann noch 200 Jahre, bis die ersten Zahnbürsten auf dem Waschtisch liegen.
Die Geburt des Zahnarztes
Friedrich Wilhelm der Erste, König von Preussen, verfügt in seiner Medizinalreform von 1725, dass es in der deutschen Amtssprache „Zahn-Artzt“ heiße. Dennoch verschwindet die Bezeichnung „Zahnbrecher“ erst 100 Jahre später.
Groß und schwer, die Stoßzähne der Elefanten
Die Stoßzähne der Elefanten und ihrer ausgestorbenen Verwandten (z.B. Mammut, Mastodonten) stellen extrem verlängerte und nach außen verlagerte Schneidezähne des Oberkiefers (bei den Mastodonten auch des Unterkiefers) dar. Der größte Stoßzahn eines Elefanten ist 3,49 m lang, stammt aus Zaire und befindet sich Bronx Zoo von New York. Den mit 5 m längsten Stoßzahn aus prähistorischer Zeit besaß der Elefant Hesperoloxodon antiqus germanicus, der vor etwa 2 Millionen Jahren lebte. Der schwerste stammt aus dem Benin, wiegt 117 kg und wurde auf der Pariser Weltausstellung 1900 ausgestellt. Der schwerste fossile Stoßzahn wiegt bei einem Umfang von 89 cm und einer Länge von 3,58 m 150 kg und gehörte einer Mammutart.
Einer fehlt
Der São-Tomé-Halskrausenflughund hat eine ganz einzigartige Zahnformel. Das nur auf der gleichnamigen Afrika vorgelagerten Insel lebende Fledertier ist das einzige nicht ausgestorbene heterodonte Säugetier mit einer ungeraden Anzahl von Zähnen und einem asymmetrischen Gebissaufbau. Diese ungewöhnliche Anordnung kommt dadurch zustande, dass entweder der rechte oder linke zweite Schneidezahn im Unterkiefer fehlt.
Zähne wie ein Neandertaler
Die Anzahl und Form der Zähne sowie die Kronenformen stimmen mit den unsrigen überein, jedoch sind die Schneidezähne vergrößert und die hinteren Backenzähne durch das Merkmal der Taurodontie gekennzeichnet, d. h. die Wurzeln trennen sich erst kurz vor den Spitzen in Äste auf. Interessant ist die sogenannte „Neandertaler-Lücke“, die regelmäßig zwischen dem letzten Backenzahn und dem Unterkieferast auftritt. Eine Hypothese geht davon aus, dass die Form des Schädels durch die starke Beanspruchung der Schneidezähne zustandekam. Sie wurden nämlich – erwiesenermaßen – nicht nur zur Nahrungsaufnahme, sondern auch als eine Art Werkzeug, gleich einer „dritten Hand“, wie eine Art Schraubstock benutzt.
Schwitzende Zähne – Natternzungen
Fossile Haifischzähne sind häufig die einzigen erhaltenen Fossilien ausgestorbener Haie. Man nannte sie früher Natternzungen, Otternzungen, Schlangenzungen, Vogelzungen, Zungensteine, Drachenzähne, Glossopetren, Ophioglossa, Steinzungen, Schlangensteine oder Donnersteine, ohne zu wissen, worum es wirklich handelte. Erst Fabio Colonna klärte 1616 in seiner Doktorarbeit die wahre Natur der Natternzungen auf. Im Mittelalter galten Natternzungen als Schutz gegen böse Nachrede. Außerdem benutzte man sie als Giftprobe, da sie angeblich über vergiftetem Essen schwitzten.
Zahnheilkunde in der Antike
Der Grieche Hippokrates (460 bis 377 vor Christus) empfahl ein Glüheisen, wenn ein Zahn schmerzte. Das heiße Eisen verbrannte den Nerv im Zahn, der Schmerz verflog.
Insgesamt gibt es nur wenig Hinweise auf eine ausgeprägte Zahnmedizin im Alten Ägypten. Anhand der Mumienbefunde können wir auf Zahnerkrankungen schließen, aber es lassen sich kaum Indizien für den Zahnarztberuf feststellen. 1929 wurde zunächst ein Fund aus einer Mastaba im Alten Reich als Beweis für die Existenz des Zahnarztberufes gewertet. Bei diesem Fund handelte es sich um zwei Backenzähne, welche durch einen Golddraht mit einander verbunden wurden. Schließlich stellte sich aber heraus, dass dieser Golddraht keineswegs bei einem lebenden Menschen eingebaut wurde. Demnach könnte es sich um eine Konstruktion durch einen Einbalsamierer gehandelt haben.
Die Ägypter kämpften mit vielen Zahnbeschwerden wie etwa Abszessen und Abnutzungserscheinungen – wie die Mumie Ramses II. beweist – oder Parodontose. Die Abnutzungserscheinungen kamen beispielsweise durch die Nahrung, da selbst im Brot Sandspuren und Steinpartikel mit verarbeitet wurden (allerdings unbeabsichtigt). Einige Mumien – exemplarisch die des Amenhotep III. – zeigen dass es oft auch zu Zahnausfall kam, welcher wahrscheinlich durch die Parodontose ausgelöst wurde.
Zu den fachtechnischen Termini zählen vor allem das „Befestigen“ und „Ausstopfen“. Demnach kann man wohl getrost sagen – sofern keine neuen Beweise gefunden werden – dass sich die Zahnmedizin auf das Erhalten der Zähne im Mund bezog, wobei die Ursachen nicht weiter erforscht wurden. Insgesamt sind bis heute nur fünf Belege für eine zahnmedizinische Behandlung gefunden worden. Davon stammten 4 aus dem Alten Reich und ein Beleg aus der 26. Dynastie.
Etwas weniger wissenschaftlich geht es auf folgender Seite zu:
Neues von der Zahnfee – Wo kommt sie her, was gilt es zu beachten
Bereits Neanderthaler haben ihre Zähne gründlich gepflegt. Von verschiedenen Fundplätzen in ganz Europa sind Zähne bekannt, die an den Bereichen kurz oberhalb des Zahnfleisches Spuren eines feinen Abriebs aufweisen. Mikroskopische Untersuchungen belegen, dass die Spuren von der Benutzung eines Zahnstochers zur Reinigung der Zahnzwischenräume stammen. In machen Fällen sind sogar deutliche Rillen entstanden, die mit bloßem Auge zu erkennen sind. Auch Zähne aus dem Neandertal weisen solche Zahnstocherspuren auf.
Zähne putzen mit Arak
Im nahen Osten putzten sich die Menschen bereits um 500 nach Christus die Zähne. Die Holzstäbchen, Siwak oder Miswak genannt, werden noch heute benutzt, z.B. in Saudi Arabien. Die Hölzer sind an einem Ende aufgefasert und ähneln kleinen Besen. Das Zahnholz wird wie eh und je aus der Wurzel des Arak-Baumes hergestellt – deshalb heißt er auch Zahnbürstenbaum. Der Prophet Mohammed soll auf seinem Sterbebett nach einem solchen Hölzchen verlangt haben.
Geschichte der Zahnseide
Dem Zahnarzt Levi Spear Parmly (1790-1859) aus New Orleans, wird die Entdeckung der modernen Zahnseide zugeschrieben. Etwa seit 1815 empfahl er die Reinigung der Zähne mit einem gewöhnlichen Seidenfaden. Zahnseide im eigentlichen Sinne wurde erst seit 1882 von der Codman and Shurtleft company in Massachusetts produziert. 1898 erlangte die Johnson & Johnson Corporation aus New Jersey ein erstes Patent auf ihre Zahnseideprodukte. Bis zum zweiten Weltkrieg war Zahnseide wenig populär. Etwa in dieser Zeit entwickelte der Arzt Dr. Charles C. Bass ein Konzept präventiver Zahnheilkunde, welches den täglichen Gebrauch von Zahnseide aus Nylonfäden vorsah. Nylon ist elastischer und reißfester als Seide.
Karies war hingegen bei den alten Ägyptern nicht bekannt. Dies verwundert nicht, da der Zuckerkonsum lediglich den „oberen Zehntausend“ vorbehalten war. Durch die stetige Abreibung der Zähne hatte der Karies kaum eine Chance sich festzusetzen.
Schon vor 4000 Jahren beschäftigten sich die Ägypter mit Fragen der Zahnpflege. Das Papyrus Ebers, geschrieben um 1550 vor Christus, enthält Ratschläge für „die Stärkung des Zahns“ und sogar ein Rezept für eine Zahnfüllung: Man nehme Abgeriebenes des Mahlsteins, Ocker, Honig und verrühre es. Aufbewahrt wurde der Mix in kleinen Tiegeln.
Zähne wie ein Hai
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